Anglizismus des Jahres 2018 gewählt

Anglizismus des Jahres 2018 gewählt

Anglizismus des Jahres 2018 gewählt: Gendersternchen

„Gendersternchen“ ist Anglizismus des Jahres 2018

Die Jury um Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin hat am 29. Januar den Anglizismus des Jahres 2018 bekannt gegeben. Gewonnen hat das Wort „Gendersternchen“, das sich gegen „Framing“ (Publikumsliebling) und „nice“ (Sonderpreis gesprochene Sprache) durchsetzen konnte.

Das Wort „Gendersternchen“ bezeichnet laut Digitalem Wörterbuch der deutschen Sprache ein „typografisches Zeichen (*), das bei Personenbezeichnungen zwischen der männlichen und der zusätzlich angefügten weiblichen Endung gesetzt wird, um neben Männern und Frauen auch Menschen mit anderer geschlechtlicher Identität miteinzubeziehen und sichtbar zu machen“, beispielsweise „Freund*in“.
Im allgemeinen Sprachgebrauch findet sich ab 2013 zunächst die Form „Gender Star“. Obwohl das Wort aus englischen Wortbestandteilen zusammengesetzt ist und die für das Englische typische Getrenntschreibung aufweist, handelt es sich dabei um eine genuin deutsche Wortschöpfung, einen sogenannten „Scheinanglizismus“. Schon im Folgejahr übernimmt die englisch-deutsche Mischform „Genderstern“ – mit deutschem Zweitglied und in der für das Deutsche obligatorischen Zusammenschreibung. Ab 2016 setzt sich dann zunehmend die Diminutivform „Gendersternchen“ durch. Im allgemeinen Sprachgebrauch spielt es zu diesem Zeitpunkt keine nennenswerte Rolle. Erst 2018, beflügelt durch hitzige Diskussionen um eine mögliche Aufnahme des Gendersternchens in die Amtliche Rechtschreibung, nimmt seine Häufigkeit um mehr als das Zehnfache zu, von unter 0,25 auf 2,5 Vorkommen pro zehn Millionen Wörter.

Überzeugt habe die Jury an dem Sieger-Wort neben der sprunghaften Verbreitung im öffentlichen Sprachgebrauch die zentrale Bedeutung, die es in der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem schwierigen und heftig umstrittenen Thema der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter eingenommen hat und wohl auch weiter einnehmen werde. Außerdem zeige die Geschichte des Wortes, dass die Entlehnung von Wörtern kein passiver Prozess ist, sondern dass Sprachgemeinschaften das entlehnte Wortgut produktiv zur Bildung neuer Wörter nutzen. Der aktive Umgang mit dem Lehngut zeige sich auch an der schnellen Integration der Neubildung in den Wortschatz des Deutschen, hier vor allem durch die Ersetzung des englischen Zweitglieds „Star“ durch das deutsche „Sternchen“. Das Wort stelle eine klare Bereicherung des deutschen Wortschatzes dar, denn ob man den eingeschobenen Asterisk (*) und die Absichten dahinter gutheißt oder nicht, darüber reden muss die Sprachgemeinschaft – und das Wort „Gendersternchen“ stellt einen gut verständlichen Ausdruck dafür bereit.

Weitere Wörter

  • „Framing“ – Darstellung eines Themas aus einer bestimmten Perspektive mittels sprachlicher Bilder; Ziel: bestimmte politische Positionen zu diesem Thema überzeugend vermitteln; formal reiht es sich systematisch in in eine große Anzahl von entlehnten Vorgangsbezeichnungen mit der Nachsilbe ‑ing ein
  • „nice“ – ursprünglich eher jugendsprachliches Synonym für „gut“ oder „toll“, inzwischen auch im Sprachgebrauch junger Erwachsener zu finden

Hintergrund der Aktion

Die unabhängige Initiative „Anglizismus des Jahres“ gibt es seit 2010. Gegründet wurde sie von dem Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin, der auch Juryvorsitzender ist. Unterstützt wird er seit 2010 von der Anglistin Dr. Susanne Flach (Université de Neuchâtel) und der Germanistin Dr. Kristin Kopf (Universität Münster / IDS Mannheim). Seit 2016 wird die Wörterwahl lexikografisch begleitet durch PD Dr. Alexander Geyken und Dr. Lothar Lemnitzer von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die beide im Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache (ZDL) tätig sind, das Anfang des Jahres von vier Akademien in Berlin, Göttingen, Leipzig und Mainz gegründet wurde. Vervollständigt wird die Jury seit letztem Jahr durch Dr. Marc Kupietz, der den Bereich Korpuslinguistik am Leibnitz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim leitet und aus den Textsammlungen des IDS zuverlässige Häufigkeitsdaten zu den Wortkandidaten bereitstellt. Die Aktion würdigt jährlich den positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes und will zum besseren Verständnis von Lehnwörtern beitragen.

Anglizismen der vergangenen Jahre

  • 2017: Influencer
  • 2016: Fake News
  • 2015: Refugees Welcome
  • 2014: Blackfacing
  • 2013: die Nachsilbe ‑gate
  • 2012: Crowdfunding
  • 2011: Shitstorm
  • 2010: leaken

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