Anglizismus des Jahres 2016 gewählt

Anglizismus des Jahres 2016 gewählt

Anglizismus des Jahres 2016 gewählt: Fake News

„Fake News“ ist Anglizismus des Jahres 2016

Die Jury um Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin hat am 31. Januar den Anglizismus des Jahres 2016 bekannt gegeben. Gewonnen hat der Publikumsliebling „Fake News“, der sich gegen „Darknet“, „Hate Speech“ und „Brexit/-(e)xit“ durchsetzen konnte.

Das Wort „Fake News“ bezeichnete im Englischen bereits Ende des 19. Jahrhunderts gelegentlich bewusste Falschmeldungen in Zeitungen. Zu einem stehenden Ausdruck wurde es aber erst ab dem Jahr 2000, vor allem zur Benennung satirischer Nachrichtenmagazine wie „The Daily Show“ oder „The Onion“. Mit der zunehmenden Rolle der sozialen Medien wurde das Wort zur Bezeichnung für erfundene Nachrichten – etwa Todesanzeigen von Prominenten –, mit denen Menschen auf bestimmte Websites gelockt oder zu Unterhaltungszwecken in die Irre geführt werden sollten. In dieser Verwendung wurde es ab 2014 ins Deutsche entlehnt, konnte sich aber zunächst nicht gegen etablierte Wörter wie „Hoax(-Meldung)“ behaupten. Der Durchbruch in den allgemeinen Sprachgebrauch erfolgte erst ab November 2016 im Zusammenhang mit einer Bedeutungsverschiebung hin zu politisch motivierten Falschmeldungen, die schon – angeblich – dem Kandidaten Donald Trump den Sieg im Präsidentschaftswahlkampf in den USA bescherten. Obwohl die wahlentscheidende Rolle solcher Fake News aus wissenschaftlicher Sicht inzwischen angezweifelt wird, ist die Popularität des Wortes und des damit Bezeichneten gerade in Deutschland ungebrochen. In der Politik wird sogar über gesetzliche Maßnahmen gegen die neue Form der Falschmeldung diskutiert, im allgemeinen Sprachgebrauch dient das Wort inzwischen hauptsächlich zur Diskreditierung von Meldungen, die nicht in das eigene Weltbild passen.

Überzeugt habe die Jury an dem Sieger-Wort neben seiner überwältigenden und anhaltenden öffentlichen Präsenz vor allem, dass es eine Lücke im deutschen Wortschatz füllt, die ohne das Wort „fake“ nicht ganz einfach zu schließen ist. Dies zeige sich an Versuchen, das Wort etwa durch das bestehende Wort „Falschmeldung“ wiederzugeben, das jedoch nicht zwischen bewusster Irreführung und ehrlichen Fehlern in der Berichterstattung unterscheide. Auch die neu geprägte Lehnübersetzung „Falschnachrichten“ treffe diesen Unterschied laut Jury nicht, da das Adjektiv „falsch“ doppeldeutig sei. Anders als „falsch“ (oder das englische „false“) bezeichnet das Adjektiv „fake“ bewusste, in Täuschungsabsicht hergestellte Nachbildungen von Dingen – vom Pelz oder dem Reisepass über ein Lächeln bis hin eben zu Nachrichten. Da das Partizip „gefälscht“ in der Bedeutung zwar nahe kommt, sich jedoch nicht zur Bildung von Komposita eignet, bleibe auch die häufigste Eindeutschung nur eine teilweise: „Fakenachrichten“.

Weitere Wörter

  • „Darknet“ – bezeichnet im Englischen und Deutschen seit Mitte der 1990er-Jahre verschiedene Arten geschlossener, nicht ohne Weiteres zugänglicher Netzwerke im Internet; populär seit Mitte des Jahres, als es durch einen mit einer im Darknet gekauften Waffe verübten Amoklauf in München schlagartig ins öffentliche Bewusstsein und in den allgemeinen Sprachgebrauch gelangte; inzwischen allgemeine Metapher für die negativen Seiten des Internets
  • „Hate Speech“ – bereits seit 2015 im öffentlichen Sprachgebrauch etabliert, um Beiträge in den sozialen Medien zu bezeichnen, die irgendwo zwischen Volksverhetzung und diskriminierender Beleidigung liegen; behauptet sich bisher gegen Eindeutschungen wie „Hassrede“
  • „Brexit/-(e)xit“ – unter dem Eindruck des drohenden „Grexit“ seit 2015 zu einem produktiven Wortbildungselement mit der Bedeutung „Austritt/Ausschluss aus einer geopolitischen Einheit“ entwickelt; sprachliche Ausdehnung auf Abschiede aller Art, z. B. „Fexit“ (Ausscheiden aus der Formel 1), „Ehexit“ (Scheidung) oder „Zlexit“ (Zlatan Ibrahimovics Abschied aus dem Profifußball)

Hintergrund der Aktion

Die unabhängige Initiative „Anglizismus des Jahres“ gibt es seit 2010. Gegründet wurde sie von dem Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin, der auch Juryvorsitzender ist. Unterstützt wird er seit 2010 von der Anglistin Susanne Flach (Freie Universität Berlin) und der Germanistin Dr. Kristin Kopf (Universität Mainz). In diesem Jahr wurde die Wörterwahl erstmalig in Kooperation mit der Arbeitsstelle „Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache“ (DWDS) der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt, vertreten durch die Jurymitglieder Dr. Alexander Geyken (Leiter des DWDS) und Dr. Lothar Lemnitzer. Die Aktion würdigt jährlich den positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes und will zum besseren Verständnis von Lehnwörtern beitragen.

Anglizismen der vergangenen Jahre

  • 2015: Refugees Welcome
  • 2014: Blackfacing
  • 2013: die Nachsilbe ‑gate
  • 2012: Crowdfunding
  • 2011: Shitstorm
  • 2010: leaken

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