„Refugees Welcome“ ist Anglizismus des Jahres 2015
Die Jury um Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin hat am 26. Januar den Anglizismus des Jahres 2015 bekannt gegeben. Gewonnen hat der Slogan und Publikumsliebling „Refugees Welcome“, der sich gegen „-(e)xit“ und „spoilern“ durchsetzen konnte.
Der Ausruf „Refugees Welcome“ entstand in den 90er-Jahren als politischer Slogan von Flüchtlingsinitiativen in verschiedenen Ländern. Seit Anfang des Jahrtausends findet er sich auch in Deutschland auf Transparenten, Flyern, Aufklebern und T‑Shirts linker Aktivisten sowie als Eigenname verschiedener Vereine und Gruppen. Seine Ausbreitung in den öffentlichen Sprachgebrauch begann jedoch erst 2013 mit der zunehmenden Präsenz dieser Gruppen in der intensiver werdenden medialen Diskussion um Flucht und Flüchtlinge. Seinen endgültigen Durchbruch erfuhr „Refugees Welcome“ schließlich 2015, als sich der Slogan aus seinem ursprünglichen aktivistischen Zusammenhang löste und auf breiter gesellschaftlicher Ebene zu einem sprachlichen Ausdruck gelebter Willkommenskultur und einer selbstbewussten Antwort auf das althergebrachte „Ausländer raus“ des rechten Lagers wurde.
Überzeugt habe die Jury an dem Sieger-Wort neben seiner öffentlichen Präsenz auch seine zentralen Rolle in der gesellschaftlichen Diskussion um das deutsche Selbstverständnis im Umgang mit Flüchtlingen. Außerdem sei hier nicht nur ein Wort, sondern eine ganze Aussage entlehnt worden. Firmen würden regelmäßig englischsprachige Slogans verwenden, um eine globale Rolle des eigenen Unternehmens zu signalisieren. Dass aber die Sprachgemeinschaft von sich aus einen solchen Slogan entdeckt und übernimmt, sei selten. Mit „Refugees Welcome“ habe man einerseits die unmittelbare Sprachbarriere zu den Flüchtlingen überwunden und andererseits fast nebenbei Weltoffenheit signalisiert, begründet die Jury ihre Wahl.
Weitere Wörter
- „-(e)xit“ – seit Anfang 2012 erstmals Diskussionen um einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone aufkamen und das Wort „Grexit“ als Verschmelzung von „Greece“ (Griechenland) und „exit“ (Ausstieg) entstand, kamen im Zuge weiterer Austrittsdebatten anderer Länder immer neue Verschmelzungen hinzu, zum Beispiel: „Brexit“ (Großbritannien), „Eirexit“ (Eire, also Irland), „Euxit“ (Europa), „Fixit“ (Finnland), „Frexit“ (Frankreich), „Huxit“ (Ungarn), „Porxit“ (Portugal), das nicht ganz ernst gemeinte „Säxit“ (Sachsen) und „Spexit“ (Spanien); das „e“ von „exit“ bleibt dabei nicht mehr unbedingt erhalten (z. B. „Brixit“ statt „Brexit“; „Spaxit“ statt „Spexit“); Bedeutung sämtlicher Varianten: Austritt/Ausschluss aus einer geopolitischen Einheit
- „spoilern“ – vom englischen „spoiler“ (von „to spoil“ = verderben) abgeleitet; Bedeutung: jemand verrät vorab wichtige Teile oder gar das Ende eines Buches oder Films; populär geworden, da sich Menschen heutzutage in sozialen Netzwerken über ihren Medienkonsum austauschen und mehr streamen als früher
Hintergrund der Aktion
Die unabhängige Initiative „Anglizismus des Jahres“ gibt es seit 2010. Gegründet wurde sie von dem Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin, der auch Juryvorsitzender ist. Unterstützt wird er von der Anglistin Susanne Flach (Freie Universität Berlin), der Germanistin Kristin Kopf (Universität Mainz) und dem Computerlinguisten Adrien Barbaresi (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften). Die Aktion würdigt jährlich den positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes und will zum besseren Verständnis von Lehnwörtern beitragen.
Anglizismen der vergangenen Jahre
- 2014: Blackfacing
- 2013: die Nachsilbe ‑gate
- 2012: Crowdfunding
- 2011: Shitstorm
- 2010: leaken