Anglizismus des Jahres 2012 gewählt

Anglizismus des Jahres 2012 gewählt

Anglizismus des Jahres 2012 gewählt: Crowdfunding

„Crowdfunding“ ist Anglizismus des Jahres 2012

Die Jury um Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin hat am 4. März den Anglizismus des Jahres 2012 bekannt gegeben. Gewonnen hat das Wort „Crowdfunding“, das aus gut 60 Vorschlägen gewählt wurde und sich gegen die Begriffe „Hipster“ und „Fracking“ durchsetzen konnte, die sich ebenfalls auf neue gesellschaftliche Phänomene beziehen. Es bezeichnet eine Methode der Kapitalbeschaffung, bei der viele Menschen über eine Internetplattform jeweils eine relativ kleine Summe beisteuern, um ein Projekt oder Produkt zu finanzieren.

„Das Wort füllt eine Lücke im deutschen Wortschatz, die durch das Aufkommen einer neuen Art der netzgestützten Kapitalbeschaffung entstanden ist. Es hat sich im Laufe des letzten Jahres im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert und gut in die Struktur des Deutschen eingefügt“, begründete die Jury ihre Entscheidung.

Auf den zweiten Platz wählte die Jury das Wort „Hipster“ – ein älteres Lehnwort, das seit einigen Jahren jedoch einen Bedeutungswandel hin zu einer abfälligen Bezeichnung für eine urbane, sich dem kulturellen Mainstream verweigernde Jugendkultur erfahren habe. „Welche Eigenschaften den Hipster eigentlich ausmachen, bleibt dabei aber sehr schwammig“, kommentiert Jurymitglied Susanne Flach. Aber eines sei klar: „Hipster sind immer nur die anderen.“

Auf den dritten Platz wählte die Jury mit dem Substantiv „Fracking“ ein weiteres klassisches Lehnwort, das gemeinsam mit einem neuen Verfahren zur Gas- und Ölgewinnung in die deutsche Sprache übernommen wurde und dort mit „fracken“ ebenfalls ein eigenes Verb hervorgebracht habe. „Die politische Kontroverse um diese Technik hat für eine schnelle Verbreitung besonders in den Medien gesorgt“, so Jurymitglied Kilian Evang. „Mit Blick auf das, was Fracking für die Umwelt wohl bedeutet, hoffe ich allerdings, dass die Relevanz dieses Wortes schnell und dauerhaft wieder abnehmen wird.“

Publikum stimmt (fast) wie Jury

Auch in der parallel zur Juryentscheidung durchgeführten Publikumsabstimmung konnte sich das Wort „Crowdfunding“ durchsetzen, gefolgt von „gendern“, das im allgemeinen Sprachgebrauch – häufig mit einem kritischen Unterton – die Verwendung geschlechtergerechter Sprache bezeichne. „Diese Bedeutung ist relativ neu“, sagte Jurymitglied Kristin Kopf. „In der Fachsprache bedeutet es eigentlich die gesellschaftliche Konstruktion von Geschlechterunterschieden oder die politische Rücksichtnahme auf diese.“
Auf dem dritten Platz landete in der Publikumsabstimmung ebenfalls „Fracking“.

„Obwohl das Englische auch 2012 eine wichtige Quelle für die Erweiterung des deutschen Wortschatzes war, hielt sich der Einfluss, wie auch in den Vorjahren, doch in Grenzen“, stellte die Jury fest. Von den Vorschlägen waren die wenigsten neu genug oder im allgemeinen Sprachgebrauch ausreichend stark verankert, um als aktuelles Lehnwort zu gelten.

Keine Bedrohung für deutsche Sprache

„Im deutschen Sprachraum ist die Vorstellung sehr weit verbreitet, dass Lehnwörter – vor allem wenn sie aus dem Englischen stammen – den Fortbestand der deutschen Sprache bedrohen“, so Stefanowitsch. „Die Entlehnung von Wörtern ist aber ein natürlicher Prozess, mit dem Sprachgemeinschaften schon immer den Wortschatz ihrer Sprachen erweitert haben, ohne dass diese Schaden genommen hätten.“ Dass das Englische derzeit eine intensiv genutzte Quelle für Lehnwörter sei, liege an seiner Rolle als internationale Verkehrssprache, so Stefanowitsch weiter.

Um Anglizismus des Jahres zu werden, müsse ein englisches Lehnwort eine Lücke im Wortschatz füllen, über eine breite Akzeptanz im Sprachgebrauch verfügen und gut in die lautliche und grammatische Struktur des Deutschen integriert sein. Das diesjährige Siegerwort „Crowdfunding“ habe in allen drei Kategorien überzeugt. „Das Wort hat sich im vergangenen Jahr erstmals auf breiter Ebene im Sprachgebrauch durchgesetzt und kann sich dort an das bereits etablierte ‚Crowdsourcing‘ anlehnen“, so Kopf. Dass es sich gut in die deutsche Sprache integriert habe, zeige sich außerdem daran, dass es ein Verb, ‚crowdfunden‘, hervorgebracht habe, meint Stefanowitsch. „Hier bleibt abzuwarten, welches Partizip sich durchsetzt – ‚gecrowdfundet‘ oder ‚crowdgefundet‘.“

Hintergrund der Aktion

Die unabhängige Initiative „Anglizismus des Jahres“ gibt es seit 2010. Gegründet wurde sie von dem Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin, der auch Juryvorsitzender ist. Unterstützt wird er seit 2010 von der Anglistin Susanne Flach (Freie Universität Berlin), der Germanistin Kristin Kopf (Universität Mainz) und dem Computerlinguisten Kilian Evang (Universität Groningen). Die Aktion würdigt jährlich den positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes und will zum besseren Verständnis von Lehnwörtern beitragen.

Anglizismen der vergangenen Jahre

  • 2011: Shitstorm
  • 2010: leaken

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