„Blackfacing“ ist Anglizismus des Jahres 2014
Die Jury um Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin hat am 27. Januar den Anglizismus des Jahres 2014 bekannt gegeben. Gewonnen hat das Wort „Blackfacing“, das sich gegen „Big Data“ und „Selfie“ (Publikumsliebling) durchsetzen konnte.
„Blackfacing“ ist vom englischen „Blackface“ abgeleitet und bezeichnet die Darstellung schwarzer Menschen durch (häufig stereotyp) geschminkte Weiße, ursprünglich vor allem im Rahmen von Theateraufführungen. Diese Praxis gilt weithin als rassistisch, da sie die komplexe Identität einer diskriminierten Gruppe als Kostüm behandelt, das beliebig an- und abgelegt werden könne. Außerdem spreche sie der betroffenen Gruppe die Fähigkeit ab, sich und ihre Erfahrungen selbst darzustellen. Im Deutschen findet sich das Wort seit Anfang des 21. Jahrhunderts in Diskussionen der amerikanischen Film- und Theatergeschichte, meist in der englischen Form „Blackface“. Seit 2009 bezieht es sich immer häufiger auch auf deutsche Theateraufführungen und die Form wandelt sich zum nur noch oberflächlich englischen „Blackfacing“. In jüngerer Zeit wird es verstärkt auch in Zusammenhängen außerhalb des Theaters verwendet, 2014 etwa in Bezug auf die Tradition des Sternsingens; auf eine Saalwette bei „Wetten, dass ..?“, bei der die Zuschauer sich mittels Schuhcreme als Kinderbuchfigur Jim Knopf verkleiden sollten; oder auf deutsche Fußballfans, die sich beim WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ghana schwarz schminkten. Auch ein im Deutschen gebildetes Verb finde sich bereits vereinzelt: „blackfacen“ (blackfacete, geblackfacet).
Überzeugt habe die Jury an dem Sieger-Wort, dass die Tradition der Darstellung schwarzer Menschen durch entsprechend geschminkte Weiße in Deutschland zwar schon sehr lange existiert, es allerdings erst seit der Entlehnung und Anpassung des englischen „Blackface/Blackfacing“ ein Wort gibt, mit dem diese Tradition benannt und bewertet werden könne.
Weitere Wörter
- „Big Data“ – Datenmengen in der modernen Informationstechnologie, die zu groß sind, um sie mit herkömmlichen Verfahren zu ordnen oder gar auszuwerten; massentauglich seit 2014, als Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, „Big-Data-Mining“ sei profitabler als Steinkohlebergbau
- „Selfie“ (Publikumsliebling) – 2013 im australischen Englisch von „self portrait“ abgeleitet entstanden; typisch ist die australische Verkleinerung „-ie“ am Ende
- „Social Freezing“ – abgeleitet vom englischen „social egg freezing“, dem Einfrieren von Eizellen zur karrierebedingten Verschiebung der Familienplanung; spielte 2014 vor allem in der Diskussion um die Firmen Apple und Facebook eine Rolle, die für ihre Mitarbeiterinnen die Kosten für diesen Vorgang übernehmen und dafür vereinzelt Lob, aber überwiegend Kritik ernteten
- „Photobombing“ – beschreibt, wenn jemand aus Versehen oder mit Absicht in ein Foto fremder Leute hineinläuft oder ‑springt und auf diese Weise das Motiv „sprengt“
- „Sexting“ – im Zeitalter leistungsfähiger Smartphones mit Kamera ist auch die Tradition entstanden, einem geliebten und/oder begehrten Menschen erotische Selbstportraits zu schicken; 2009 entstand dafür in Deutschland das englische Kofferwort aus „Sex“ und „Texting“
Hintergrund der Aktion
Die unabhängige Initiative „Anglizismus des Jahres“ gibt es seit 2010. Gegründet wurde sie von dem Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin, der auch Juryvorsitzender ist. Unterstützt wird er von der Anglistin Susanne Flach (Freie Universität Berlin), der Germanistin Kristin Kopf (Universität Mainz) und dem Germanisten Michael Mann (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg). Die Aktion würdigt jährlich den positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes und will zum besseren Verständnis von Lehnwörtern beitragen.
Anglizismen der vergangenen Jahre
- 2013: die Nachsilbe ‑gate
- 2012: Crowdfunding
- 2011: Shitstorm
- 2010: leaken