„Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung.“ ist Satz des Jahres 2016
Eine Jury bestehend aus dem Professor für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim Dr. Frank Brettschneider und dem Strategieberater Milon Gupta hat am 16. Januar den Satz des Jahres 2016 bekannt gegeben. Gewonnen hat mit „Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung.“ Horst Seehofer (CSU).
Mit diesem Sieger-Satz kommentierte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am 10. Februar 2016 in einem Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) durchgesetzte Grenzöffnung für Flüchtlinge. Nach Seehofers Ansicht habe es die Bundesregierung rechtswidrig versäumt, die deutsche Grenze zu schützen. Durch den Nachsatz „Es ist eine Herrschaft des Unrechts“ rückte er die Bundesrepublik Deutschland in die Nähe von Unrechtsstaaten.
Nach Ansicht der Jury drücke der Satz prägnant die politischen Konflikte zur Flüchtlingspolitik innerhalb der Union und zwischen den politischen Lagern aus, die das Jahr 2016 prägten. Der Satz habe heftige öffentliche Reaktionen ausgelöst und dokumentiere die große Kluft zwischen den politischen Positionen zur Flüchtlingsfrage. Er sei auch insofern bemerkenswert, als ein hoher Vertreter des Staates offen die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns in Frage stellt.
Satz des Jahres im deutschsprachigen Ausland
Auch in den deutschsprachigen Nachbarländern gab es den Satz des Jahres, wo er zusammen mit dem Wort des Jahres gewählt wurde. In Liechtenstein wurde der Satz des Jahres seit 2002 gewählt. In Österreich wurde seit 2002, mit einer Unterbrechung 2004, der Spruch des Jahres gewählt. In der Schweiz (https://www.chwort.ch) hat sich der Satz des Jahres seit 2003 bis heute gehalten. Die Sätze des Jahres in diesen Ländern sind stark national ausgerichtet.
Im Jahr 2008 hatte immerhin ein Deutscher die – in diesem Fall zweifelhafte – Ehre, Urheber des gekürten Satzes in der Schweiz zu sein. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte die Eidgenossen durch seinen Kommentar zum Umgang mit der Schweiz als angeblichem Steuerparadies in Rage gebracht: „Wir müssen nicht nur das Zuckerbrot benutzen, sondern auch die Peitsche.“
Hintergrund der Aktion
Der Satz des Jahres wurde in diesem Jahr zum achten Mal bekannt gegeben. Die Aktion, die es seit 2009 gibt und die von Milon Gupta ins Leben gerufen wurde, ist privat organisiert und verfolgt keine kommerziellen oder parteipolitischen Absichten. Ihr Ziel ist es, die Menschen in Deutschland für den öffentlichen Gebrauch von Sprache zu sensibilisieren und prägnante Aussagen, die repräsentativ für ein Jahr sind, vor dem Vergessen zu bewahren.
Sätze der vergangenen Jahre
- 2015: „Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!“ – Bundeskanzlerin Angela Merkel
- 2014: „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.“ – CSU-Leitantragsentwurf zu „Bildung – Migration – Integration“
- 2013: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ – Bundeskanzlerin Angela Merkel
- 2012: „Mir fehlte das Fingerspitzengefühl.“ – SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück
- 2011: „Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert.“ – Bundeskanzlerin Angela Merkel
- 2010: „Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei.“ – Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler
- 2009: „Das steht mir zu.“ – Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Dienstwagenaffäre