Deutschsprachige Musik auf dem Rückzug
In einer umfangreichen Langzeitstudie hat die GEMA über zwölf Jahre hinweg die Programme der Radiosender in Deutschland ausgewertet. Die Ergebnisse, die nun auf der Datenplattform „Song Economy“ veröffentlicht wurden, zeigen einen besorgniserregenden Trend: Der Anteil deutschsprachiger Lieder im Radio nimmt massiv ab. So machten im Jahr 2024 nur noch etwa 10 Prozent der gesendeten Titel im öffentlich-rechtlichen Radio und lediglich 3 Prozent im privaten Radio deutschsprachige Musik aus. Zum Vergleich: 2013 lag dieser Anteil noch bei 16 Prozent im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und etwa 10 Prozent im privaten Sektor.
GEMA sieht Handlungsbedarf
Dr. Ralf Weigand, Vorsitzender des GEMA-Aufsichtsrats, äußerte sich zu den alarmierenden Ergebnissen: „Die Ergebnisse des GEMA Radio-Reports sind keine gute Nachricht für die Musikschaffenden in Deutschland.“ Er betont die Notwendigkeit einer Vielfalt in der Musikkultur, um auch kleinen Künstlern eine Bühne zu bieten. In Zeiten, in denen öffentlich-rechtliche Kulturwellen eingespart werden, appelliert er an die Radiostationen, die lokale Musik und die eigene Sprache nicht zu vernachlässigen.
Radio als wichtiges Medium für Musikentdeckung
Stephanie Scharmann, Abteilungsleiterin Verteilung Sendung/Online bei der GEMA, hebt hervor, wie wichtig das Radio als Medium zur Entdeckung neuer Musik ist. „Unsere Mitglieder, die Urheberinnen und Urheber der Songs, profitieren insbesondere von Radioprogrammen mit einer großen kulturellen Bandbreite“, erklärt sie. Die Analyse der Radioprogramme biete nicht nur wertvolle Einblicke in die deutsche Radiolandschaft, sondern sei auch wichtig für die Verteilung der GEMA-Gelder.
Anstieg der Programmvielfalt, aber wenig Moderation
Die Analyse zeigt auch, dass der Anteil redaktionell betreuter Musiksendungen in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist. Nur ein geringer Teil (zwischen 2 und 3 Prozent) der gesendeten Musiksendungen wird moderiert. Immerhin gab es im Jahr 2024 einen leichten Anstieg des Anteils moderierter Sendungen auf 2,5 Prozent im Vergleich zu 1,8 Prozent im Jahr 2022.
Nischenrepertoire kaum vorhanden
Ein weiterer besorgniserregender Befund ist der geringe Anteil an Nischenrepertoire, insbesondere bei privaten Radiosendern. Während öffentlich-rechtliche Sender etwa 30 Prozent unbekannterer Künstler und Werke spielen, liegt dieser Anteil bei privaten Sendern bei unter 5 Prozent. Es gibt jedoch einen leichten Trend zu einer höheren Berücksichtigung von Nischenmusik bei privaten Stationen.
Fazit: Dringender Handlungsbedarf für Vielfalt
Die GEMA-Studie legt eindrucksvoll dar, dass sowohl der Anteil an deutschsprachiger Musik als auch die Programmvielfalt im Radio rückläufig sind. Öffentlich-rechtliche Sender spielen durchschnittlich 10.000 verschiedene Titel pro Sender, was mehr als viermal so viele wie die privaten Akteure (2.300) sind. Um die kulturelle Vielfalt in Deutschland zu fördern, sind gemeinsame Anstrengungen nötig, um die deutsche Musikkultur im Radio lebendig zu halten.
Hintergrund
Die GEMA vertritt in Deutschland die Urheberrechte von rund 95.000 Mitgliedern sowie von über zwei Millionen Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern aus aller Welt. Sie gehört zu den größten Autorengesellschaften in der Musikbranche weltweit.