„Corona-Pandemie“ ist Wort des Jahres 2020
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden hat am 30. November das Wort des Jahres 2020 bekannt gegeben. Sieger des sprachlichen Jahresrückblicks ist „Corona-Pandemie“ – das beherrschende Thema nahezu des gesamten Jahres. Bereits Ende 2019 war in der chinesischen Stadt Wuhan das neuartige Virus SARS-CoV‑2 entdeckt worden. Das Kurzwort bedeute Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2, zu Deutsch: „Schweres akutes Atemnotsyndrom“-Corona-Virus 2 – ein Erreger, der die lebensgefährliche Atemwegserkrankung COVID-19 (Corona virus disease 2019, „Corona-Virus-Erkrankung 2019“) verursachen kann. Rasch wurde aus der Epidemie eine Pandemie, die bis Ende November 2020 zu weltweit fast 1,5 Millionen Todesfällen führte. Wirtschaft und Kultur und auch das private Leben wurden und werden durch Corona tiefgreifend beeinträchtigt. Als Wort des Jahres stehe Corona-Pandemie nicht nur für die nach Einschätzung der Bundeskanzlerin ebenso wie vieler Fachleute schwerste Krise seit dem 2. Weltkrieg, sondern sprachlich auch für eine Vielzahl neuer Wortbildungen (Corona-Virus, -Krise, -Zahlen, -Jahr, Corona-Demo, -Hotspot, -Warn-App, coronabedingt, -geplagt …).
Auf den zweiten Platz wählte die Jury „Lockdown“ oder auch „Shutdown“. Beide Begriffe verweisen auf die politisch beschlossenen Maßnahmen zur Beschränkung sozialer Kontakte, die im März und seit Ende Oktober weite Teile des öffentlichen Lebens lahmlegten. Gaststätten, Hotels, Geschäfte, öffentliche Einrichtungen mussten schließen, Kinder konnten nicht zur Schule, Existenzen waren bedroht, was durch ein großes staatliches Corona-Hilfspaket aufgefangen werden sollte. Die sozialen und nicht selten auch psychischen Folgen, die sich nicht finanziell beheben lassen, seien Ende 2020 noch nicht abzusehen.
Den dritten Platz belegte „Verschwörungserzählung“, womit die Jury nicht nur auf die Propaganda von Corona-Leugnern reagierte, sondern auch auf Behauptungen wie die des scheidenden US-Präsidenten Trump, er sei Opfer eines großangelegten Wahlbetrugs geworden, auf Verschwörungsideologien wie QAnon oder auf rechtspopulistische Überfremdungsphantasien. Das diesjährige Sieger-Wort finde sich neuerdings öfter anstelle des älteren und häufiger belegten Wortes Verschwörungstheorie. Es lege nahe, dass ein unbeweisbares Konstrukt nicht gut als Theorie zu bezeichnen ist – laut Wörterbuch ein „System wissenschaftlich begründeter Aussagen“.
Platzierungen 1 bis 10
- Corona-Pandemie
- Lockdown
- Verschwörungserzählung
- Black Lives Matter
- AHA
- systemrelevant
- Triage
- Geisterspiele
- Gendersternchen
- Bleiben Sie gesund!
Dass acht von zehn Wörtern der Liste einen direkten Corona-Bezug haben, rückt deutlicher als jede Einzelplatzierung in den Blick, wie stark 2020 von der Pandemie geprägt war.
Häufigkeit nicht entscheidend
Das Wort des Jahres wurde in diesem Jahr zum 45. Mal bekannt gegeben. Erstmals gekürt wurde es 1971. Seit 1977 wird es jährlich von der GfdS gewählt. Eine Jury bestehend aus dem Hauptvorstand sowie den wissenschaftlichen Mitarbeitern der GfdS sammelt dafür regelmäßig mehrere Tausend Belege aus verschiedenen Medien und Einsendungen von Außenstehenden und wählt kurz vor Jahresende zehn Wörter und Wendungen aus, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben des aktuellen Jahres sprachlich in besonderer Weise bestimmt haben. Für die Auswahl ist weniger die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern vielmehr seine Signifikanz und Popularität entscheidend: Auf diese Weise stellen die Wörter eine sprachliche Jahreschronik dar, ihre Auswahl ist dabei jedoch mit keinerlei Wertung oder Empfehlung verbunden.
Wörter der vergangenen Jahre
- 2019 Respektrente
- 2018 Heißzeit
- 2017 Jamaika-Aus
- 2016 postfaktisch
- 2015 Flüchtlinge
- 2014 Lichtgrenze
- 2013: GroKo
- 2012: Rettungsroutine
- 2011: Stresstest
- 2010: Wutbürger
- 2009: Abwrackprämie
- 2008: Finanzkrise
- 2007: Klimakatastrophe
- 2006: Fanmeile
- 2005: Bundeskanzlerin
- 2004: Hartz IV
- 2003: Das alte Europa
- 2002: Teuro
- 2001: Der 11. September
- 2000: Schwarzgeldaffäre
- 1999: Millennium
- 1998: Rot-Grün
- 1997: Reformstau
- 1996: Sparpaket
- 1995: Multimedia
- 1994: Superwahljahr
- 1993: Sozialabbau
- 1992: Politikverdrossenheit
- 1991: Besserwessi
- 1990: Die neuen Bundesländer
- 1989: Reisefreiheit
- 1988: Gesundheitsreform
- 1987: Aids, Kondom
- 1986: Tschernobyl
- 1985: Glykol
- 1984: Umweltauto
- 1983: heißer Herbst
- 1982: Ellenbogengesellschaft
- 1981: Nulllösung
- 1980: Rasterfahndung
- 1979: Holocaust
- 1978: konspirative Wohnung
- 1977: Szene
- 1971: aufmüpfig