Wort des Jahres 2016 gewählt

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Wort des Jahres 2016 gewählt

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„postfaktisch“ ist Wort des Jahres 2016

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden hat am 9. Dezember das Wort des Jahres 2016 bekannt gegeben. Sieger des sprachlichen Jahresrückblicks ist „postfaktisch“. Das Kunstwort sei eine Lehnübertragung des amerikanisch-englischen post truth und verweise darauf, dass es in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen heute zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten geht. Immer größere Bevölkerungsschichten seien in ihrem Widerwillen gegen „die da oben“ bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen bereitwillig zu akzeptieren. Nicht der Anspruch auf Wahrheit, sondern das Aussprechen der „gefühlten Wahrheit“ führe im „postfaktischen Zeitalter“ zum Erfolg.

Auf den zweiten Platz wählte die Jury „Brexit“. Das Ergebnis des Referendums über den Verbleib Großbritanniens in der EU, das am 23. Juni stattfand, sei ein Triumph postfaktischer Politik gewesen. Mit zum Teil gezielten Fehlinformationen hätten die Befürworter des Austritts den Unmut in der Bevölkerung geschürt. Die Wortkreuzung Brexit (Britain + Exit), mit der spätestens seit 2012 ein möglicher EU-Austritt Großbritanniens bezeichnet worden war, stand 2016 als beherrschender Ausdruck in einer Reihe ähnlicher Wortbildungen. Zum Teil ging es dabei auch um die Frage eines Ausscheidens aus der Eurozone. Kaum noch eine Rolle spielte zwar der 2015 nach mühsamen Verhandlungen abgewendete Grexit (Griechenland), allerdings wurde immer wieder einmal ein möglicher Spexit (Spanien) oder Itexit (Italien) thematisiert. Über einen Frexit wurde für den Fall spekuliert, dass 2017 die Rechtspopulistin Marine Le Pen die Präsidentschaftswahlen in Frankreich gewänne.

Den dritten Platz belegte „Silvesternacht“. Diese altbekannte Zusammensetzung steht für die sexuellen Übergriffe auf Frauen sowie andere Straftaten, die in der Nacht auf den 1. Januar 2016 in Köln und etlichen anderen Städten von Gruppen junger Männer aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum verübt worden waren. Der Polizei sei vorgeworfen worden, sie habe die Lage nicht unter Kontrolle gehabt und zunächst verharmlosende Darstellungen der Ausmaße gegeben. Die Vorkommnisse führten zu einer öffentlichen Debatte über das Frauenbild muslimischer Männer und über Verschärfungen des Asylrechts. Eine juristische Aufarbeitung erwies sich in vielen Fällen als schwierig, da eine zweifelsfreie Ermittlung der Täter kaum möglich war.

Platzierungen 1 bis 10

  1. postfaktisch
  2. Brexit
  3. Silvesternacht
  4. Schmähkritik
  5. Trump-Effekt
  6. Social Bots
  7. schlechtes Blut
  8. Gruselclown
  9. Burkiniverbot
  10. Oh, wie schön ist Panama

Häufigkeit nicht entscheidend

Das Wort des Jahres wurde in diesem Jahr zum 41. Mal bekannt gegeben. Erstmals gekürt wurde es 1971. Seit 1977 wird es jährlich von der GfdS gewählt. Eine Jury bestehend aus dem Hauptvorstand sowie den wissenschaftlichen Mitarbeitern der GfdS sammelt dafür regelmäßig mehrere Tausend Belege aus verschiedenen Medien und Einsendungen von Außenstehenden und wählt kurz vor Jahresende zehn Wörter und Wendungen aus, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben des aktuellen Jahres sprachlich in besonderer Weise bestimmt haben. Für die Auswahl ist weniger die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern vielmehr seine Signifikanz und Popularität entscheidend: Auf diese Weise stellen die Wörter eine sprachliche Jahreschronik dar, ihre Auswahl ist dabei jedoch mit keinerlei Wertung oder Empfehlung verbunden.

Wörter der vergangenen Jahre

  • 2015 Flüchtlinge
  • 2014 Lichtgrenze
  • 2013: GroKo
  • 2012: Rettungsroutine
  • 2011: Stresstest
  • 2010: Wutbürger
  • 2009: Abwrackprämie
  • 2008: Finanzkrise
  • 2007: Klimakatastrophe
  • 2006: Fanmeile
  • 2005: Bundeskanzlerin
  • 2004: Hartz IV
  • 2003: Das alte Europa
  • 2002: Teuro
  • 2001: Der 11. September
  • 2000: Schwarzgeldaffäre
  • 1999: Millennium
  • 1998: Rot-Grün
  • 1997: Reformstau
  • 1996: Sparpaket
  • 1995: Multimedia
  • 1994: Superwahljahr
  • 1993: Sozialabbau
  • 1992: Politikverdrossenheit
  • 1991: Besserwessi
  • 1990: Die neuen Bundesländer
  • 1989: Reisefreiheit
  • 1988: Gesundheitsreform
  • 1987: Aids, Kondom
  • 1986: Tschernobyl
  • 1985: Glykol
  • 1984: Umweltauto
  • 1983: heißer Herbst
  • 1982: Ellenbogengesellschaft
  • 1981: Nulllösung
  • 1980: Rasterfahndung
  • 1979: Holocaust
  • 1978: konspirative Wohnung
  • 1977: Szene
  • 1971: aufmüpfig

GfdS | Wort

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