Rede des Jahres 2024 gewählt

Rede des Jahres 2024 gewählt

Heike Heubach, SPD, MdB, hält am 10. Oktober 2024 eine Rede in Deutscher Gebärdensprache zu TOP 13 Stärkung der integrierten Stadtentwicklung im Plenum. Es war die erste Bundestagsrede in Gebärdensprache.

Erste Bundestagsrede in Gebärdensprache ist Rede des Jahres 2024

Das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen hat am 12. Dezember die Rede des Jahres 2024 bekannt gegeben. Gewonnen hat die Rede der gehörlosen SPD-Abgeordneten Heike Heubach (im Bild; Foto: Bundestag/Ute Grabowksy/photothek). Heubachs Bundestagsrede über Klimaschutz und konkret zur geplanten Novellierung des Baugesetzbuches am 10. Oktober sei eine rhetorische Glanzleistung und eine bereichernde Erweiterung der Rede- und Debattenkultur Deutschlands. Mit ihrer stillen Rede, die simultan von einer Gebärdendolmetscherin als gesprochener Text hörbar gemacht wurde, habe Heubach ein Zeichen für gelebte Inklusion und wertschätzende politische Teilhabe aller Personen gesetzt, begründet die Universität ihre diesjährige Wahl.

Plädoyer für Klimaschutz

Heike Heubachs Rede sei ein eindringliches Plädoyer für die Notwendigkeit des Klimaschutzes für alle Menschen: „Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen uns alle.” Den Kosteneinwand der Opposition habe sie laut Jury klassisch-rhetorisch aufgegriffen und ihn souverän zurückgewiesen. Außerdem habe sie eine trockene juristische Materie wie das Baugesetzbuch an die Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger herangeführt und damit unmittelbar relevant gemacht. Ihre klar gegliederte Rede, in der sie Knappheit im Ausdruck mit schlüssiger Gedankenführung gekonnt vereint habe, habe Heike Heubach in eine pointierte und eingängige Schlusssentenz münden lassen: „Ein Mehr an Klimaschutz wird Leben retten und den Bundeshaushalt bei den Kosten von Naturkatastrophen entlasten. Am teuersten wird es dann, wenn wir nichts tun.”

Zeichen für Vielfalt der Eloquenz

Die Jury lobte neben dem gekonnt formulierten Redetext, dass Heubach darüber hinaus auch ihren Körper rhetorisch versiert und überzeugend eingesetzt habe. Bereits beim Gang zum Redepult habe sie den Raum für sich gewinnen können, indem sie lächelnd Blickkontakt zum Publikum herstellte. Aufmerksam und wertschätzend habe sie bei ihrer Begrüßung die einzelnen Gruppen im Publikum adressiert, indem sie ihren Körper gezielt zu den jeweiligen Personen hinwandte. Durch Gebärde und Körpersprache habe sie deutlich gemacht, dass von der Präsidentin bis zu den Gästen auf der Tribüne alle Personen gleichermaßen in ihre Rede eingeschlossen waren. Außerdem sei Heubachs rednerische Kompetenz durch ihre aufrechte, ruhige und selbstbewusste Körperhaltung unterstrichen worden und sie habe mit ihrer stillen Rede ein Zeichen für die Vielfalt der Eloquenz gesetzt.

Hintergrund

Seit 1998 zeichnet das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen jährlich eine Rede des Jahres aus, die die politische, soziale oder kulturelle Diskussion entscheidend beeinflusst hat und als wichtiger Beitrag zur Entwicklung der Redekultur gelten kann. Kriterien für die Jury sind unter anderem inhaltliche Relevanz, Vortragsstil, Elaboriertheit sowie publizistische Wirkung. Die diesjährige Jury bestand aus Dr. Jutta Beck, Lukas Beck M. A., Selina Bernarding M. A., Hanna Broghammer, Dr. Fabian Erhardt, Dr. Markus Gottschling, Rebecca Kiderlen M. A., Prof. Dr. Joachim Knape, Prof. Dr. Olaf Kramer, Dr. Frank Schuhmacher, Prof. Dr. Dietmar Till, PD Dr. Lily Tonger-Erk und Dr. Thomas Zinsmaier.

Reden der vergangenen Jahre

  • 2023: Robert Habeck – Video-Ansprache zu Israel und Antisemitismus
    Die Rede wurde am 1. November gehalten und ist ein Musterbeispiel für eine engagierte und bedeutsame politische Rede. Mit Verve und hoher Emotionalität verteidigt Habeck das Existenzrecht Israels und legt damit ein eindringliches Votum für die besondere Verantwortung Deutschlands ab.
  • 2022: Luisa Neubauer – Ansprache auf dem Parteitag der Grünen
    Die Rede wurde am 16. Oktober auf dem Parteitag der Grünen gehalten und ist ein aufrüttelndes Plädoyer für eine wirkungsvolle Klimapolitik und ein eindringlicher Aufruf der jungen Generation für Gerechtigkeit und Solidarität in Anbetracht des Klimawandels.
  • 2021: Maren Kroymann – Dankesrede beim Deutschen Comedypreis
    Die Rede wurde am 1. Oktober als Dankesrede für den Ehrenpreis des Deutschen Comedypreises gehalten und ist ein unerwartetes, leidenschaftliches Plädoyer für Gleichberechtigung, in der Kroymann eindringlich den alltäglichen Sexismus kritisiert. Sie ist Zeichen für einen tiefergreifenden gesellschaftlichen Wandel, der sich vor allem durch das Überwinden der Sprachlosigkeit auszeichnet und verschafft der #metoo-Bewegung in der Comedybranche starke Sichtbarkeit.
  • 2020: Angela Merkel – Fernsehansprache zur Corona-Pandemie
    Die Rede wurde am 18. März gehalten und ist als historische Fernsehansprache ein eindrucksvoller Appell an Verantwortung und Miteinander. Sie verbindet die anschauliche Darstellung komplexer wissenschaftlicher Erkenntnisse mit Empathie und politischer Umsicht.
  • 2019: Ursula von der Leyen – Wahlrede vor dem Europäischen Parlament
    Die Rede wurde am 16. Juli gehalten und ist ein eindrucksvolles und glaubwürdiges Bekenntnis zu Europa, ein Beweis für die Integrationskraft der Idee „Europa“ und ein engagiertes Plädoyer für eine europäische Wertegemeinschaft.
  • 2018: Cem Özdemir – Debattenbeitrag im Deutschen Bundestag
    Die Rede wurde am 22. Februar gehalten und ist eindrückliches Plädoyer für eine offene Gesellschaft, gegen Ausgrenzung und Spaltung. Die leidenschaftliche Parlamentsrede zeigt, wie man den Populisten im Parlament die Stirn bieten kann.
  • 2017: Peter Strohschneider – Rede auf der Jahresversammlung der DFG
    Die Rede wurde am 4. Juli gehalten und ist ein engagiertes Plädoyer gegen populistische Vereinfachungen und alternative Fakten. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft rechnet in seiner Rede mit den populistischen Strömungen ab und reflektiert kritisch den gegenwärtigen Wissenschaftsbetrieb.
  • 2016: Norbert Lammert – Rede zum Tag der Deutschen Einheit
    Die Rede wurde am 3. Oktober in der Dresdner Semperoper gehalten und ist eine besonnene Festrede zur Entwicklung Deutschands inmitten einer meist stürmisch geführten politischen Debatte, während zugleich im Freien der Niedergang Deutschalnds beschworen wird.
  • 2015: Rainald Goetz – Büchner-Preis-Rede sowie die zugehörige Laudatio von Jürgen Kaube
    Erstmals in der Geschichte der Aktion Rede des Jahres wurde ein Rede-Doppel ausgezeichnet. Beide Redebeiträge sind sprachlich brillant, hintertreiben die Tradition der Festrede kunstvoll und verhelfen ihr gerade damit zu neuer Wirksamkeit und hauchen ihr neues Leben ein.
  • 2014: Navid Kermani – Gedenkrede zum deutschen Grundgesetz
    Die Rede wurde am 23. Mai gehalten und vebindet eine geistreiche Würdigung des Grundgesetzes mit einer deutlichen Kritik an der deutschen Flüchtlingspolitik.
  • 2013: Gregor Gysi – zur NSA Affäre
    Die Rede wurde am 18. November gehalten und ist ein engagiertes Plädoyer für eine konsequente Aufarbeitung des NSA-Skandals.

Über meinen Blog

Herzlich willkommen auf meinem Blog.

Hier geht es um alles, was Text- und Büchermenschen wie mich interessiert. Neben sprachlichen und kulturellen Themen sowie solchen aus der Welt der Bücher sind das unter anderem das (kreative) Schreiben, Redewendungen und ihre Herkunft, skurrile Schlagzeilen und das eine oder andere unnütze Wissen. Und da immer mal wieder Menschen wissen möchten, wie ich denn eigentlich zu meinem Beruf der Lektorin gekommen bin, werde ich hier auch hin und wieder etwas aus dem Nähkästchen plaudern, um genau solche Fragen zu beantworten.
Außerdem informiere ich über Neuigkeiten aus der Welt der Bits und Bytes, etwa wenn Google mal wieder an seinem Algorithmus schraubt und es neue Rankingfaktoren für Internetseiten gibt.

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