Big Brother Awards 2025 verliehen

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Big Brother Awards 2025 verliehen

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Google, TikTok und Co. erhalten „Oscars für Datenkraken“

Die Organisation Digitalcourage e. V. hat am 10. Oktober die Big Brother Awards 2025 verliehen. Gewonnen haben diesen Negativ-Preis Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, Google, Bürokratieabbau, TikTok, das Verwaltungsgericht Hannover und das Bundesarbeitsgericht, der iPad-Einsatz an Schulen sowie die Ausgrenzung durch den WhatsApp-Messenger.

Herzlich willkommen zu den Big Brother Awards 2025. Foto: InflacCC-BY-SA 4.0

Preisträger pro Kategorie

Kategorie „Behörden und Verwaltung“
Der Big Brother Award 2025 in der Kategorie „Behörden und Verwaltung“ geht an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) für sein geplantes „Sicherheitspaket“, das den umfangreichen Einsatz von Gesichtersuchmaschinen vorsieht. Dobrindts Behörde wolle mit datenschutzwidrigen Anbietern wie Clearview AI und PimEyes zusammenarbeiten, die auf alle online zu findenden Bilder zugreifen – ganz gleich, ob sie mit oder ohne Einverständnis der Betroffenen veröffentlicht wurden. Der Entwurf des Innenministers ziele darauf ab, diese illegale Schnüffel-Praxis zu legitimieren. Zudem wolle Dobrindt die äußerst umstrittene Software Palantir des Anti-Demokraten Peter Thiel auf Bundesebene einführen.

Nach Einschätzung von Laudatorin Elisabeth Niekrenz bringe das „Sicherheitspaket“ Deutschland einen weiteren Schritt auf dem Weg in einen Überwachungsstaat: „Woraus besteht Dobrindts Sicherheitspaket? Die toxischen Zutaten: Gesichtersuchmaschinen und der Ersatz von Polizeiarbeit durch die gruseligste Software der Welt – Gotham von Palantir a.k.a. ‚Bundes-VeRA’. Eine Realität gewordene Dystopie.“

Kategorie „Was mich wirklich wütend macht“
Bürokratieabbau sei ein irreführender Begriff. Er suggeriere, dass etwas für Bürger einfacher würde. In Wahrheit aber gehe es um Deregulierung und den Abbau von Gesetzen, die Verbraucher schützen. Big-Tech-Konzerne aus den USA wollen die europäischen Digitalgesetze am liebsten komplett kippen. Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung machen sich mitschuldig, wenn sie bei einem „Deal“ um Strafzölle die Digitalgesetzgebung zur Verhandlungsmasse machen.

Laudatorin Rena Tangens warnt vor gefährlichen politischen Entwicklungen: „Die EU-Kommission, Ursula von der Leyen, Kanzler Merz und Co. machen sich mitschuldig, wenn sie sich an die Mafia im Weißen Haus anbiedern. Bei einem vertraulichen Treffen in Paris forderte US-Vizepräsident Vance offenbar die EU-Kommission auf, die europäischen Digitalgesetze für US-Konzerne auf Eis zu legen. Unklar, ob sie es tut, trotz aller Beteuerungen des Gegenteils.“

Kategorie „Social Media“
Den Big Brother Award 2025 in der Kategorie „Social Media“ erhält die chinesische Plattform TikTok für Verletzungen des Datenschutzes, für die Verbreitung von Fake News und Hatespeech, für die Manipulation von Menschen in Bezug auf ihre politischen Überzeugungen, ihre Wertvorstellungen und ihr Konsumverhalten durch undurchsichtige Algorithmen sowie für die Schaffung von Abhängigkeiten, insbesondere bei Minderjährigen.

Laudator Dr. Thilo Weichert kritisiert die Praktiken des Unternehmens deutlich: „Da wir in einem freien Land leben, dürft ihr TikTok nutzen, wie es euch gefällt. Ginge es nach denen, die hinter TikTok stehen, dürftet ihr das nicht mehr. Douyin – wie TikTok in China heißt – betreibt massiv Zensur im Sinne der chinesischen Diktatur und sammelt für diese Nutzerdaten.“

Kategorie „Technik“
Der Big Brother Award 2025 in der Kategorie „Technik“ geht an Google für den KI-Assistenten Gemini, der ab jetzt unauffällig, aber zwangsweise auf Android-Mobiltelefonen installiert werde. Gemini erhalte Zugriff auf umfangreiche Nutzungs- und Kommunikationsdaten, die für das Training von Googles KI genutzt und auch von menschlichen Mitarbeitern eingesehen werden. Darunter könnten komplette Chatverläufe fallen – ohne dass der Kommunikationspartner eingewilligt habe. Die Deaktivierung dieses KI-Assistenten erfordere komplexe Einstellungen in verschiedenen Menüs.

Laudator Frank Rosengart findet klare Worte: „Der schwerwiegende Nachteil ist, dass ganz viele private und intime Details das Gerät verlassen, denn – das ist der Unterschied zum alten Google-Assistenten – Gemini hält den Großteil der Intelligenz in der Cloud bereit. Und ‚Cloud’ meint hier: Google. Die Daten werden auf den Servern von Google verarbeitet und unterliegen damit dem Risiko, dass sie für mehr Zwecke verwendet werden, als den meisten Benutzern lieb sein dürfte.“

Kategorie „Arbeitswelt“
Der Big Brother Award 2025 in der Kategorie „Arbeitswelt“ geht an das Verwaltungsgericht Hannover und das Bundesarbeitsgericht für „krasse Fehlurteile in Sachen Amazon“. Das Verwaltungsgericht habe die Totalüberwachung von Angestellten eines Amazon-Logistikzentrums abgesegnet. Das Bundesarbeitsgericht verweigerte einem Amazon-Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung einer Software, die Beschäftigtendaten rechtswidrig in den USA verarbeitet.

Katharina Just betont in ihrer Laudatio die Bedeutung von Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechten: „Betriebsräte sind eine wichtige demokratische Instanz in unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung. Sie dienen dem Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen. Wer, wie das Bundesarbeitsgericht im Amazon-Verfahren, die Axt an dieses Mitbestimmungsrecht setzt, der stellt eine Grundsäule unserer sozialen Wirtschaftsordnung in Frage.“

Kategorie „jung und überwacht“
Erstmals gibt es bei den Big Brother Awards einen eigenen Programmpunkt, der von Jugendlichen selbst entwickelt und gestaltet wurde. In Kooperation mit den Laudatoren Teckids sind zwei Beiträge entstanden, die aus junger Perspektive kritisch auf Digitalisierung blicken: Zum einen gehe es um den Einsatz von iPads in Schulen, zum anderen um Ausgrenzung am Beispiel des Messengerdienstes WhatsApp. Die Themenwahl und die Ausgestaltung stammen von den Jugendlichen. Digitalcourage hat sie bei der Entwicklung und Umsetzung begleitet. Ziel sei es, junge Stimmen sichtbar zu machen und ihre Perspektiven stärker in die Gala einzubeziehen.

Die Jury

Elisabeth Niekrenz, Spirit Legal
Elisabeth Niekrenz ist als Rechtsanwältin bei der Kanzlei Spirit Legal in Leipzig tätig. Sie berät Unternehmen und öffentliche Stellen zur datenschutzkonformen Gestaltung ihrer Prozesse und Produkte. Von 2019 bis 2020 war sie politische Referentin des Vereins Digitale Gesellschaft, in dem sie seither Mitglied ist. In diesem Jahr ist sie erstmals in der Jury.

Frank Rosengart, Chaos Computer Club
Frank Rosengart programmiert im Kommunikationsbereich. Der Chaos Computer Club e.V. (CCC), 1981 gegründet, ist die größte europäische Hackervereinigung.

Rena Tangens, Digitalcourage
Rena Tangens ist Künstlerin, Internet-Pionierin und politische Geschäftsführerin von Digitalcourage. Sie hat 1987 Digitalcourage mitgegründet und ist von Beginn an Mitglied der Jury. Für Ihre Arbeit wurde sie u. a mit der Theodor-Heuss-Medaille, dem Kunstpreis „Evolutionäre Zellen“, dem Verbraucherpreis und dem taz-Panterpreis ausgezeichnet.

Dr. Thilo Weichert, Deutsche Vereinigung für Datenschutz, Netzwerk Datenschutzexpertise
Dr. Thilo Weichert ist ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein. Das Netzwerk Datenschutzexpertise ist ein Zusammenschluss von Expertinnen, die Gesetze und Technologien juristisch und technisch detailliert analysieren. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) ist eine unabhängige Bürgerrechtsvereinigung. Seit 2024 ist er Teil des Vorstandes von Digitalcourage.

Katharina Just, Gastlaudatorin
Katharina Just ist Informatikerin und zertifizierte Datenschutzbeauftragte. Sie arbeitete an den Universitäten Bonn und Dortmund und beriet viele Jahre Interessenvertretungen bei der Technologieberatungsstelle beim DGB NRW. Heute ist sie als Beraterin für Betriebs- und Personalräte tätig. Sie berät zur Gestaltung der IT in der Arbeitswelt und zum Datenschutz.

Hintergrund der Aktion

Die Organisation Digitalcourage e. V. engagiert sich seit 1987 für Grundrechte, Datenschutz und eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter. Der gemeinnützige Verein finanziert sich durch private Spenden und lebt durch die Arbeit vieler Freiwilliger. Seit 2000 verleiht er jährlich die deutschen Big Brother Awards an Datensünder in Wirtschaft und Politik. Der Negativ-Preis, der von Le Monde als „Oscars für Datenkraken“ getauft wurde, wurde bisher in 19 Ländern an Firmen, Organisationen, Politiker und andere Personen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen sowie persönliche Daten verkaufen oder gegen ursprüngliche Interessen verwenden, verliehen. Der Name ist George Orwells Dystopie 1984 entnommen, in der der Autor bereits Ende der 40er-Jahre seine Vision einer totalitären Überwachungsgesellschaft entwarf.

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Über meinen Blog

Herzlich willkommen auf meinem Blog.

Hier geht es um alles, was Text- und Büchermenschen wie mich interessiert. Neben sprachlichen und kulturellen Themen sowie solchen aus der Welt der Bücher sind das unter anderem das (kreative) Schreiben, Redewendungen und ihre Herkunft, skurrile Schlagzeilen und das eine oder andere unnütze Wissen. Und da immer mal wieder Menschen wissen möchten, wie ich denn eigentlich zu meinem Beruf der Lektorin gekommen bin, werde ich hier auch hin und wieder etwas aus dem Nähkästchen plaudern, um genau solche Fragen zu beantworten.
Außerdem informiere ich über Neuigkeiten aus der Welt der Bits und Bytes, etwa wenn Google mal wieder an seinem Algorithmus schraubt und es neue Rankingfaktoren für Internetseiten gibt.

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